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Ansprache von Stephan Graf von Spee zum Volkstrauertag

Für alle die, die am Volkstrauertag nicht vor Ort waren udn für die, die die Rede von Stephan Graf von Spee nochmals nachlesen möchten:

Ansprache zum Volkstrauertag 2022

Wir sind hier heute zusammengekommen, um derer zu gedenken, die durch Krieg und Gewalt ihr Leben verloren haben. Auch wir hier in Heggen haben Kriegsgräber auf   unserem Friedhof von Soldaten fremder Nationen zu pflegen, die hier nach dem Krieg die letzte Ruhestätte gefunden haben. Wir gedenken insbesondere der Mitglieder aus Familien unseres Dorfes, die zum Teil an unbekannten Orten oder auf Kriegsgräberfriedhöfen in fernen Ländern ruhen.

Besucht man einen solchen Friedhof und betrachtet die Grabmale, liest man, hier liegt ein Soldat 20 Jahre, ein Unteroffizier 25 Jahre und der Offizier 30 Jahre alt begraben. Es sind alles junge Menschen, die noch das Leben vor sich hatten und mit Sicherheit große Pläne geschmiedet haben und so um ihre geplante Lebenserwartung durch den Einfluss von Gewalt betrogen wurden.

Wir haben uns hier an der Gedenkstätte eingefunden, um an diese Opfer zu denken und so das geschichtliche Geschehen in Erinnerung zu behalten. Sie mahnen uns, die Vergangenheit nicht zu vergessen, sondern daraus zu lernen, das verantwortungslose, machtbesessene und skrupellose Handeln verblendeter Machthaber gegen Mitbürger zu bremsen, ja wenn möglich auch zu bekämpfen. Staatliche Gewaltherrschaft und Krieg sind kein politisches Mittel zur Leitung von Völkergemeinschaften.

Wir leben seit fast 80 Jahren in Frieden und Freiheit. Kaum einer von denen, die sich hier eingefunden haben, haben den 2. Weltkrieg und auch sonst keine kriegerische Auseinandersetzung in unserem Lande erlebt. Zeitzeugen, die noch berichten könnten, werden immer weniger.

Die heute lebenden Familienmitglieder kennen die Verwandten, die Opfer der Gewalt wurden, nur noch von Fotos und Berichten der Eltern und Großeltern. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Kenntnis über die Bedeutung dieses Tages langsam schwindet.    

In diesem Zusammenhang möchte ich einige Politiker nennen, die diese Botschaft der Kriegsopfer in Taten umgesetzt haben.

Nur zwei Politiker haben die Grausamkeiten der beiden Weltkriege erlebt und haben für Frieden und Freiheit gekämpft. Der weitsichtige Politiker Bundeskanzler Konrad Adenauer und der pragmatische General und französische Präsident Charles de Gaulle haben gemeinsam den deutsch-französischen Freundschafts- und Friedensvertrag unterzeichnet und so eine hundertjährige Fehde der beiden Staaten beendet.

Gemeinsam haben Bundeskanzler Kohl und Frankreichs Präsident Francois Mitterand, der als 23jähriger noch am Krieg teilgenommen hatte, den Soldatenfriedhof in Verdun besucht. Dort sind mehr als tausend Soldaten Opfer der beiden Weltkriege aus Deutschland und Frankreich begraben. Das Handreichen dieser beiden Staatsmänner hat für Jedermann eindrucksvoll dokumentiert, dass der Vertag auch weiterhin Bestand haben wird.

Die größten Personen des vergangenen Jahrhunderts sind Bundeskanzler Helmut Kohl, Außenminister Hans Dietrich Genscher, der Präsident der Sowjetunion Michail Gorbatschow und sein Außenminister Eduard Schewardnadse. Sie alle haben den Krieg im Alter von 10 bis 17 Jahren als Jugendliche erlebt.  Auf höchster politischer Bühne haben sie die Menschenrechte angemahnt und auch verteidigt.  Satellitenstaaten der Sowjetunion erhielten eine gewisse Freiheit, um sich selbst zu organisieren. Unter deren politischen Aktivitäten haben wir die deutsche Wiedervereinigung erlebt und diese zum Wohle der Bundesrepublik gestaltet.

Auch wenn wir hier in den vergangenen Jahrzehnten von einem Krieg verschont geblieben sind, gab es in den verschiedensten Regionen der Welt gewaltsame militärische Aktivitäten gegen Mitmenschen.  

Ich erinnere an die noch laufenden kriegerischen Auseinandersetzungen in Syrien, wo volksstämmige  Minderheiten unter den Bombenangriffen leiden, in der Türkei, wo die Kurden als kriminelle Vereinigung unter dem Regime Erdugan verfolgt werden und den Krieg in der Ukraine, der von Wladimir Putin angezettelt wurde, um in verbrecherscher Absicht mit  Waffengewalt die freiheitlichen demokratischen Errungenschaften zu vernichten.   

Ich zitiere Johannes Paul II, der 2003, als der Golfkrieg tobte, gesagt hat:

 Jeder Krieg ist eine Niederlage der Menschheit.

Werden wir nicht an die Zeit nach 1945 erinnert, als unsere Landsleute aus den besetzten Ostgebieten vertrieben wurden?  Wer die Tiefen unsere Geschichte kennt und mit der Gegenwart vergleicht, dem wird es möglich sein, den Wert der Freiheit zu beurteilen und die Mühen anzuerkennen, die zur Erhaltung eines freiheitlichen Rechtsstaates erforderlich sind.

Wenn Terrorregime keine positiven Erfolge vorweisen können, werden die politischen Widersacher kriminalisiert, inhaftiert und so mundtot gemacht. Kritische Regierungen von Nachbarstaaten und Bevölkerungsgruppen werden diffamiert und beispielsweise als rassistisch beschimpft.  Mit egoistisch nationalen Schlagworten wird zusätzlich versucht, die Vorwürfe zu legalisieren. So werden kriegerische Auseinandersetzungen vorbereitet. Siehe Putins Ukraine-Angriff.

Werden wir nicht an Äußerungen führender Politiker in den 30ger Jahren des vergangenen Jahrhunderts erinnert, die Zeit vor dem Beginn des 2. Weltkrieges?

Mit Sorge betrachte ich die Entwicklung, wie mit brutalem militärischem Einsatz versucht wird, einen politischen Erfolg zu erreichen. Auch wir sind mit den Auswirkungen solcher Auseinandersetzungen belastet und so ungewollt beteiligt worden. Frauen und Kinder sind als Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten zu uns gekommen, in der Hoffnung hier Frieden und Freiheit zu erleben. Auseinandergerissene Familien hoffen, hier wieder zusammenzufinden. Jugendliche ohne Begleitung bedürfen einer Betreuung. Das im Grundgesetz Artikel I verankerte Recht

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“

unterstützt die von vor sieben Jahren getätigte Aussage der Bundeskanzlerin Angela Merkel

„Wir schaffen das “  

 Das Zitat war eine Herausforderung bzw. Aufforderung an alle Bürger, sich für den Frieden in der Welt einzusetzen.

Den Kritikern von damals rufe ich zu, betrachtet das Erbe, in Frieden und Freiheit zu leben, als Geschenk, das von den Großeltern erkämpft, von den Eltern bewahrt, uns übergeben wurde, um dieses von uns als Vermächtnis unverändert an die nachfolgende Generation weiterzugeben.

Ich denke insbesondere an die Flüchtlinge, die damals aus dem Nahen Osten und heute aktuell aus der Ukraine kamen und kommen werden. Die Aktivitäten der vorgenannten Politiker haben Hoffnungen für eine bessere Zukunft geweckt. Ich war in den Zeiten der Aufbruchstimmung in der Ukraine und habe erlebt, wie die Menschen dort mit Energie und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft, in Freiheit leben zu können, ihren Alltag gestalteten.

Mit Entsetzen und innerer Wut kann man nur die brutalen Bomben- und Raketenangriffe auf die zivile Bevölkerung in den Städten der Ukraine beobachten.

Mit Sorge beobachte ich die zunehmende Gewaltbereitschaft auch in unserem Staate, die nicht nur gegen Mitmenschen, sondern auch gegen Einrichtungen eingesetzt wird.

Die Toten, derer wir heute gedenken, sollten uns mahnen, wachsam zu sein, um Planungen für Gewalttaten schon im Vorfeld zu erkennen und so zu verhindern, dass durch eine erfolgte Umsetzung Mitbürger zu Schaden kommen.  

Das Engagement eines jeden Bürgers, sich auch für das Wohl des Mitmenschen einzusetzen, ist eine tragende Säule unseres Staates.

Ich rufe alle Bürger ob Politiker, Arbeitgeber oder Arbeitnehmer auf, sich gegen Terrorismus, Rassismus und sonstige Gewalt mit angemessener Zivilcourage zur Wehr zu setzen und so die Freiheit in unserem Staate zu sichern.

Stephan Graf von Spee

Heggen, 13.11.2022

 

 

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